Jeder arbeitet für sich und jeder vermarktet sich selbst. Aber wenn es mal bei irgendeinem Kollegen ein Problem gibt, sind sie alle da, um zu helfen. Die Rede ist von den neun Gärtnerfamilien in der Flora. Dort wird, so betonen Frank Häusler und Hubert Brandkamp (Foto), Kollegialität und Freundschaft groß geschrieben. Mindestens einmal im Jahr treffen sich alle Familien, um ein Fest zu feiern. Und dann bleibt das geschäftliche vollkommen außen vor.
In diesem Jahr wird die Feier allerdings etwas größer, als in den vergangenen Jahren. Die Gärtnersiedlung in der Flora besteht jetzt 50 Jahre. Dies wird am 17. April mit einem offiziellen Festakt und am 18. April mit einem Tag der offenen Tür gefeiert.
Das Geburtsjahr der Gärtnersiedlung ist 1960. Die ersten Vorgespräche zu einer Gärtnersiedlung gab es aber schon 1950 mit dem damaligen Oberkreisdirektor Lengert. Die Voraussetzung für die Schaffung einer solchen Siedlung in Anholt waren mit der Nähe zu den gärtnerisch geprägten Niederlanden und dem Ruhrgebiet als großes Absatzgebiet nahezu ideal. Die Grundidee bestand darin, nachgeboren Bauernsöhnen, die den elterlichen Hof nicht übernehmen konnten, eine eigene Existenz zu ermöglichen. Die Hürden für die Bewerber waren freilich hoch. Die Gesamtkosten jeder Siedlerstelle mit einer Größe von 1.000 m² wurden mit 125.000 DM veranschlagt, wovon der Bewerber 10% selbst beisteuern musste. Außerdem musste als weitere Voraussetzung ein Gärtner-Meisterbrief, ein Siedlungsschein und eine Verlobte, besser noch eine Ehefrau nachgewiesen werden.
Die ersten Produkte waren neben Gemüse auch schon Schnittblumen, wie Chrysanthemen, Lilien, Nelken und Rosen. Die Verkauf erfolgte über den Großhandel. Ein gravierender Einschnitt war für die meisten Gärtnerbetriebe die Ölkriese in den 70er Jahren. Aber durch die Nutzung anderer Energieträger konnte die Kriese gemeistert werden.
Jetzt, nach 50 Jahren hat die Anholter Gärtnersiedlung eine Gesamtgewächshausfläche von 110.000 m², die von 120 Arbeitskräften bewirtschaftet wird. Jeder Betrieb hat sich auf seine eigene Produktion spezialisiert. Angebaut werden unter anderem Amaryllis, Chrysanthemen, Hortensien als Schnittlblumen. Im Topfflanzenbereich reicht die Palette von Eriken, Fuchsien, Hortensien bis hin zu Stauden und Topfkräutern. Nach wie vor gibt es keinen Verkauf an Endverbraucher. Vielmehr werden die Produkte über den Großhandel in alle Welt geliefert.
Mittlerweile, so schätzt Hubert Brandkamp, bestehen die neun Gärtnerfamilien (Berthe, Michalzik, Häusler, Telaar, Strauss, Brandkamp, Wilkes, Bisping, Bruns) aus ungefähr 90 Personen. Alle freuen sich natürlich auf das besondere Jubiläum. Am 17. April bleiben die Familien, nach dem offiziellen Festakt, zu dem auch Bürgermeister Adolf Radstaak und Landrat Dr. Kai Zwicker erwartet werden, unter sich. Einen Tag später haben dann alle Bürger die Möglichkeit, die Gärtnerfamilien in ihren Betrieben zu besuchen. Für das leibliche Wohl ist bestens gesorgt und auch die Kinder werden sich auf viele Attraktionen freuen können.
Auf dem Foto sind Frank Häusler (links) und Hubert Brandkamp zu sehen