Es ist im hiesigen Raum vollkommen normal, dass es zwischen Deutschen und Niederländern ein gelebtes Europa gibt. Und das schon seit vielen Jahren. In den jeweiligen Grenzgebieten auf der deutschen oder niederländischen Seite wohnen und arbeiten viele Menschen der jeweils anderen Nation. Es werden Freundschaften gepflegt und in vielen Familien gibt es Mitglieder aus beiden Ländern.
Diese grenzüberschreitende Freundschaft wurde heute zwischen der Regniet und Voorst nochmal durch einen symbolischen Akt dokumentiert. Deutsche und Niederländer zersägten gemeinsam einen Schlagbaum. Grund hierfür war die Unterzeichnung des Schengener Abkommens vor 25 Jahren. Damals handelte es sich um ein politisches Ereignis, das den Bürgern die Reisefreiheit an den inneren Grenzen der Unterzeichnerstaaten garantierte.
Das heutige Grenzfest, das unter anderem vom Gaststättenverband Bocholt und dem niederländischen Pendant, dem Horeca-Verband, organisiert wurde, lockte viele niederländische und deutsche Besucher zum Festplatz an der Regniet. Mitglieder des Anholter Schützenvereins vermischten sich mit ihren Kollegen aus Voorst, Musiker aus Anholt und Voorst tranken gemeinsam ihre Bierchen und fachsimpelten über Gemeinsamkeiten ihrer Vereine. Ludger Möllmann, Ortsvorsitzender des Deutschen Hotel und Gaststättenverbandes (DEHOGA), und Thomas Behrens vom Europe-Direct-Informationszentrum Bocholt waren sich darin einig, dass der hiesige Grenzraum dokumentiert, wie Europa sein soll. Ein Miteinander über die Staatsgrenzen hinaus. Deswegen sollte das heutige Fest auch nicht für die Politik, sondern für die Bürger diesseits und jenseits der Grenze sein.
Unter der den Augen von deutschen und niederländischen Fernsehkameras und vieler anderer Medienvertreter aus dem regionalen Umfeld, war es auf deutscher Seite dem damaligen Bürgermeister Johann Vollmering vorbehalten, die ersten Schnitte in den extra angefertigten Schlagbaum zu sägen. Ihm folgte der jetzige Bürgermeister Adolf Radstaak, der mit seinem Kollegen der Nachbarstadt Oude Ijsselstreek den Schnitt vertiefte. Endgültig zersägte dann Franz-Josef Konnik den Schlagbaum. Konnik wohnt an der Regniet unmittelbar an der niederländischen Grenze. Er kann sich wahrlich als Europäer bezeichnen.
Trotz der gelebten deutsch-niederländischen Nachbarschaft ist noch längst nicht alles, wie es sein sollte. Viele Ausbildungsabschlüsse gelten im jeweiligen Nachbarland nichts. Ein in der Niederlande ausgebildeter Krankenpfleger aus Dinxperlo oder Doetinchem kann beispielsweise nicht so einfach in Isselburg oder Bocholt in der gleichen Funktion arbeiten, da seine Qualifikation in Deutschland nicht anerkannt wird. Da zeigt sich dann, dass Europa in vielerlei Hinsicht weit von Gemeinsamkeiten entfernt ist. Das von der großen Politik propagierte gemeinsame Europa endet in vielen Bereichen an der Staatsgrenze. Wir Deutschen empfinden die Niederländer als offen, freundlich und profitieren im täglichen Miteinander davon, dass augenscheinlich fast alle Niederländer deutsch sprechen. Wer von uns spricht aber eigentlich niederländisch? Wenn man ehrlich ist, muss man sagen, das die wenigsten Deutschen, auch, oder gerade aus der Grenzregion, die Sprache des Nachbarn beherrschen. Aber mit einem Mischmasch aus deutsch, niederländisch und dem Platt versteht man sich.
Fotos von der Veranstaltung gibt in der Fotogalerie