Seit Anfang des Jahres gilt eine neue EU-Verordnung, die dafür sorgen soll, dass zukünftig mehr Bio-Sprit durch die etwa 15.000 deutschen Tankstellen-Zapfpistolen fließen soll. Der kryptische Name des neuen „Ökobenzins“: E10. Das KFZ-Portal auto.de hat den neuen Sprit mal genauer unter die Lupe genommen und die Deutschen nach deren Meinung befragt.
Ab Februar werden sich die deutschen Auto- und Motorradfahrer an den Zapfsäulen auf neue Beschriftungen mit der Bezeichnung E10 einstellen müssen („Normal E10“, „Super E10“ oder „Super Plus E10“). Das neue Gemisch aus Benzin und Bioethanol (10% Anteil = E10) ist als Allheilmittel gegen die Klimakatastrophe gedacht – hofft jedenfalls die Politik. Bislang enthält das Benzin nur 5% Bioethanol (E5). Ziel: Durch den geringeren Benzinanteil auf Erdölbasis sollen die weltweiten Ölvorkommen geschont und die Ökobilanz verbessert werden. Doch die heren Ansprüche haben einige unschöne Nebenwirkungen. So müssen sich die Autofahrer auf steigende Preise, einen höheren Verbrauch und wohl auch auf technische Schwierigkeiten bei ihren Fahrzeugen einstellen. Die auto.de-Experten prognostizieren eine Preissteigerungswelle an den Zapfsäulen. „Wir müssen damit rechnen, dass die bislang angebotenen Benzinarten etwa 3 bis 5 Cent pro Liter steigen werden. Damit soll der Absatz von E10 angekurbelt werden, der eigentlich teurer in der Herstellung ist als der übliche Sprit“, so auto.de-Experte Thomas Kuwatsch.
Was die wenigsten PKW- und Kradfahrer wissen, der „grüne Sprit“ lässt die Autos und Motorräder zu leidlichen „Schluckspechten“ werden. „Bioethanol hat nur etwa 2/3 des Energiegehalts des üblichen Benzins. Das heißt im Endeffekt, die Autos und Motorräder verbrauchen im Vergleich zu herkömmlichen Benzin mehr“, so Kuwatsch. Was die Fahrer ärgert, freut den deutschen Finanzminister, denn der Mehrverbrauch bedeutet ein Mehr an Tankvorgängen und dies spült zusätzliche Millionen in seine klammen Kassen. Laut Statistischem Bundesamt und Bundesverband der Mineralölwirtschaft liegt der tägliche Verbrauch von Benzin aller Sorten bei etwa 75 Millionen Litern. Auf jeden Liter Benzin, gleich welcher Sorte, lastet eine Mineralölsteuer von etwa 65 Cent – ohne Mehrwertsteuer. Durch den absehbaren Mehrverbrauch (E10 erreicht gegenüber bisherigen Benzinsorten nur ein Leistungsniveau von 97%) kann das Finanzministerium mit zusätzlichen Mehreinnahmen, allein durch die Mineralölsteuer, von bis zu 1,7 Millionen Euro rechnen – und zwar täglich. (Vorausgesetzt möglichst viele PKW- und Motorradfahrer und andere Benzinverbraucher nutzen den neuen Ökosprit).
Doch nicht nur die staatlich sanktionierte Abzocke an den Tankstellen droht den Leuten. Etwa 10% aller in Deutschland fahrenden PKW und Motorräder (insgesamt sind es über 41 Millionen PKW und etwa 3,8 Millionen Motorräder) „vertragen“ den Sprit gar nicht (Liste der E10-tauglichen Fabrikate). Auto.de rät den Fahrern unbedingt zu prüfen, ob ihre Fahrzeuge E10-tauglich sind. Denn sorgloses Betanken kann ab Februar teure Folgen haben. Thomas Kuwatsch: „Ein Tankvorgang und ein kurzer Betrieb reichen aus, um an den Motoren der Fahrzeuge teure Schäden zu verursachen.“ Der Expertentipp: „Wenn Bürger fälschlicherweise E10 getankt haben, Hände weg vom Zündschlüssel!“ Der Bio-Sprit muss aus dem Tank abgepumpt werden.
Durch die sogenannte veränderte Viskosität gegenüber dem sonst üblichen Benzin droht u.a. der Ausfall der Einspritzanlage mit irreparablen Folgen für den gesamten Motor. Auch andere Dichtungen aus Aluminium und Kunststoff können in Mitleidenschaft gezogen werden. Im ungünstigsten Fall muss das komplette Aggregat gewechselt werden – Werkstattaufenthalte mit einem vierstelligen Rechnungsbetrag wären die Folge. So kostet zum Beispiel ein Austauschmotor für einen VW Polo etwa 5000€.
Umfrageergebnis: 93% der Autofahrer lehnen die Nutzung des Biosprits E10 ab
Betrachtet man die auto.de-Umfrageergebnisse, ahnen die deutschen Auto- und Motorrad-Mobilisten Tage vor der flächendenkenden Markteinführung von E10 nichts Gutes. 93% der befragten Fahrer (10.112 Befragte) lehnen den neuen Sprit ab. Sie glauben, dass es wichtigere Probleme gibt. So sehen 32% (3.236 Stimmen) die Einführung nur als weiteres Konjunkturprogramm auf Kosten der Steuerzahler. 24% sehen das Geld lieber in Elektroantriebe investiert (2.427 Stimmen). Über ein Viertel (28%) der Befragten (2.831 Stimmen) würden lieber die deutschen Straßen saniert bekommen, anstatt ein „teures grünes Feigenblatt“ aufzulegen. 910 Befragte (9%) wollen sich als nächstes einen Diesel-PKW zulegen, um dem E10-Sprit aus dem Weg zu gehen. Nur 7% der Befragten (708 Stimmen) sehen die Einführung von E10 als richtigen umweltgerechten Schritt.
Auf lange Sicht soll das neue „Super E10“ das bislang bekannte Super-Benzin (E5) dauerhaft ablösen. Vielleicht wird es das E5 bereits ab 2013 nicht mehr flächendeckend an jeder Tankstelle geben.
Quelle: Auto.de