Abschied mit dem Lied ohne Worte

Gestern fand im Bürgerhaus in Rees das Weihnachts-, bzw. Benefizkonzert des Isselburger Blasorchester statt. Dabei stand neben der Musik auch der Abschied von Dirigent Wolbert Baars im Mittelpunkt.

Ganz in ihrem Element: Ricarda Häusler mit Querflöte bei ihrem Solopart
Ganz in ihrem Element: Ricarda Häusler mit Querflöte bei ihrem Solopart

„Die Halle in Werth kann nicht genutzt werden, weil dort die Flüchtlinge untergebracht sind. Aber wir haben hier in Rees Asyl erhalten“, erklärte der Vorsitzende des Blasorchesters Heinz Streuff in seiner Begrüßungsansprache augenzwinkernd. Zudem begrüßte er die Ehrenmitglieder des Vereins, Isselburgs Bürgermeister Rudi Geukes, sowie die Stellv. Landrätin Silke Sommers und die Leiterin der Bocholter Musikschule Claudia Borgers. Der Reeser Bürgermeister Christoph Gerwers war aus privaten Gründen verhindert. Die Moderation lag, wie in den vergangenen Konzerten auch, in den Händen von Steffi Bergmann.

Das Vororchester eröffnete das Konzert mit Harry Potter

Der musikalische Part begann mit dem Auftritt des Vororchesters der Musikschule. Unter der Leitung von Ralf Schmittkamp zeigten die jüngsten Musiker mit „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ ihr Können. Es folgten „Cloud 9“ von Filip Ceunen und „March of the Marmots“ von Kevin Houben.

Ein Orchester – Zwei Dirigenten

Die Leitung des Jugendblasorchesters teilten sich Guido Schrader und Martin Alofs. Und gleich beim ersten Stück, der „Rhapsodie für Querflöte“ stand Ricarda Häusler im Mittelpunkt. Die Solistin für Querflöte spielt außer im Jugendblasorchester auch im Jugendsinfonieorchester der Musikschule und im Auswahlorchester des Volksmusikerbundes (Kreisverband Borken). Bei „Jugend musiziert“ ist sie mehrmalige Preisträgerin auf Regional- Landes- und Bundesebene.

Das zweite Stück bestand aus einer Zusammenstellung von Melodien aus den Filmen „Feivel, der Mauswanderer“, „Apollo 13“, „Braveheart“ und „Titanic“. Als drittes und letztes Stück präsentierte das Jugendblasorchester unter der Leitung von Guido Schrader „Die Geschichte der Anne Frank“. Im Jahr 2015, 70 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs und 70 Jahre nach dem Tod von Anne Frank komponierte der Österreicher Otto M. Schwarz „die Geschichte der Anne Frank“ entlang den Stationen ihres Lebens: Kindheit – Flucht – Krieg – Versteck – Verrat – Ermordung und setzte so ein musikalisches Zeichen gegen Krieg, gegen das Vergessen, gegen Rassismus und Unmenschlichkeit.

Nach einer kurzen Pause, in der das Publikum Zeit für ein Erfrischungsgetränk fand, kündigte Moderatorin Steffi Bergmann dann das Blasorchester mit Dirigent Wolbert Baars an. Und damit begann dann auch der musikalische Abschied des niederländischen Dirigenten. Wie berichtet, verlässt Baars das Orchester nach fast zehn Jahre Dirigentenzeit. Sein musikalischer Abschied begann mit dem Werk „Equus“ des amerikanischen Komponisten Eric Whitacre.

Anna Vennemann, Nina Duesing, Sarah Theyssen, Katharina Zey und Stephan Moos erhielten für ihren Solopart viel Beifall
Anna Vennemann, Nina Duesing, Sarah Theyssen, Katharina Zey und Stephan Moos erhielten für ihren Solopart viel Beifall

„Quintett Nr. 1 in B“ ist das Werk von Victor Ewald, einem russischen Komponisten, der das Stück 1890 geschrieben hat. Es ist 2005 vom Österreicher Hannes Reigle zu einem Holzbläserquintett mit Blasorchesterbegleitung umgearbeitet worden. Reigle ist ein ehemaliger Kommilitone von Wolbert Baars. Die Solisten in diesem Stück waren Anna Vennemann (Oboe), Nina Duesing (Querflöte), Sarah Theyssen (Klarinette), Katharina Zey (Fagot) und Stephan Moos (Horn).

Titel mit Symbolkraft

Das erste Zusammentreffen von Wolbert Baars und dem Isselburger Blasorchester fand 2006 statt. Hier spielte das Orchester ein gemeinsames Konzert mit dem Blasorchester Ulft. Beide Orchester spielten zwei gemeinsame Stücke, für die in Isselburg geprobt wurde. Baars schien bei den Offiziellen des Isselburger Blasorchester Eindruck hinterlassen zu haben, denn kurze Zeit später wurde er zum Probedirigat eingeladen. Bei dieser allerersten Probe lag „Noah´s Arc“ auf dem Pult. Gespielt wurde es allerdings nie. Das änderte sich heute. Das Stück basiert auf eine biblische Geschichte. Die Sätze sind durchkomponiert und tragen die Titel „Die Botschaft“, „Paradies der Tiere“, Der Sturm“ und „Lied der Hoffnung“.

„Das Lied ohne Worte“ ist eines der Lieblingsstücke von Wolbert Baars. So lag es vielleicht nahe, sich auch mit diesem Lied zu verabschieden. Möglicherweise steckte bei der Auswahl dieses Titels aber auch ein Stück Symbolik. Denn der Dirigent verabschiedete sich gestern öffentlich nicht mit Worten.

Standing Ovationen für Wolbert Baars von "seinen" Musikern
Standing Ovationen für Wolbert Baars von „seinen“ Musikern

Wolbert Baars verabschiedete sich ohne Worte

In einer ausgegebenen Presseerklärung heißt es: „Das Lied ohne Worte ist mein Dankeschön an das Publikum, aber vor allem ein Dankeschön an die Musiker des Isselburger Blasorchesters. Ich habe mit viel Freude mit euch musiziert und wünsche euch alles Gute für die Zukunft“. Der Vorsitzende Heinz Streuff sprach davon, dass sich Wolbert Baars neuen Aufgaben widmen möchte und man gleichzeitig „frischen Wind“ in das Orchester bringen will. Gleichzeitig betonte der Vorsitzende, dass man gelegentlich unterschiedlicher Meinung gewesen sei, es aber keinerlei Zerwürfnisse gegeben habe. „Wolbert Baars hat den Verein maßgeblich geprägt und die Musiker bis an ihre Leistungsgrenze gebracht. Dafür sind wir ihm außerordentlich dankbar“. Ob die offizielle Verabschiedung nun herzlich oder eher verhalten rüber kam, war den Besuchern letztendlich egal. Sie verabschiedeten Wolbert Baars mit langanhaltendem Beifall. Als Abschluss spielten das Vororchester, das Jugendblasorchester und das Blasorchester gemeinsam verschiedene Weihnachtslieder.

Heinz Streuff hatte angekündigt, dass die gesamten Einnahmen für wohltätige Zwecke verwendet werden. Mit einem Teil der Erlöse wird die Isselburger Tafel bedacht. Der andere Teil kommt einem schwer erkrankten und auf technische Hilfe angewiesenen Isselburger zu Gute.

Einen Nachfolger für Wolbert Baars gibt es noch nicht. Wie Heinz Streuff mitteilte, befindet man sich im Verein in der Findungsphase. Verschiedene Bewerber würden zu Beginn des neuen Jahres zu einer Probe eingeladen. „Wir haben immer gesagt, dass wir das ruhig angehen werden und so werden wir es auch machen“, erklärte Streuff.

Fotos: Frithjof Nowakewitz