„Ausgeheuchelt – So geht es aufwärts mit der Kirche“ ist ein Buch von Pfarrer Stefan Jürgens, in dem er sich kritisch und ehrlich mit der Kirchenpolitik beschäftigt. Er selbst bekennt sich kritisch aber loyal zum Priestersein. Am Montag war er in der Bartholomäus-Kirche in Isselburg zu Gast. Und nicht ganz so oft ist die Kirche so gut gefüllt, wie sie es gestern Abend war. Fast ausverkauft.
Angekündigt war der Beitrag des Pfarrers als Lesung aus seinem Buch. Allerdings betonte Stefan Jürgens, dass er nicht ausschließlich vorlesen wolle. „Ich möchte auch mit Ihnen ins Gespräch kommen“, erklärte Jürgens, bevor er musikalisch seine bester Freundin in einem Lied vorstellte. Iglesia, was übersetzt soviel wie Kirche bedeutet.
Trotz all seiner Kritik an dem Konstrukt Kirche steht er ihr loyal gegenüber. „Die Welt braucht weniger Kirche, sondern mehr Jesus!“ Daran will Jürgens mitarbeiten, denn er betonte, dass das Priestersein sein Traumjob ist. „Die Kirche muss in der Realität ankommen, sich erneuern und die Erkenntnisse der Theologie nutzen“, erklärte der 51-jährige Pfarrer. Dazu gehören auch Themen, wie die Aufhebung des Zölibat oder die Möglichkeit für Frauen, Priesterin zu werden. Auch die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle oder das Thema Homosexualität gehöre dazu.
In Gesprächen mit einigen Besuchern und Besucherinnen ging es an manchen Stellen auch kontrovers zu. Nicht an allen Stellen teilte der Kirchenmann die Meinung der jeweiligen Gesprächspartner. Gerade das Thema, dass Frauen der Weg ins Priesteramt noch immer verwehrt wird, wurde kontrovers diskutiert. Nicht, dass Stefan Jürgens sich gegen die Aufhebung des Verbots aussprach. Aber er deutete an, dass es dann möglicherweise zu einer Kirchenspaltung kommen könne. In vielen bischhöflichen Köpfen gelten Frauen nach wie vor als „unrein“. Ein Relikt aus dem Altertum, aber, so Jürgens, leider noch vielfache Denkweise.
Auch der Umgang mit der Ökumene kam zur Sprache. Das griechische Wort „Ökumene“ heißt wörtlich übersetzt „die ganze bewohnte Erde“ und meint die Bemühungen um die Einheit aller getrennten Christen. Ökumenische Gottesdienste sind in der Regel auf Wortgottesdienste beschränkt. Ein Grund dafür ist, dass der Ablauf beim Abendmahl bei evangelischen und katholischen Gottesdiensten unterschiedlich ist.
Priester Stefan Jürgens wandelt auf einem schmalen Grad. Er hielt ein Plädoyer für Reformen und gegen verknöcherte Denkweisen. Damit spricht er sicherlich vielen Menschen aus der Seele. Endlich mal jemand, der die Kirchenprobleme schonungslos anspricht. Die Kirchenoberen werden darüber allerdings wohl nicht immer glücklich sein. Dort sollte allerdings bedacht werden, dass jährlich zehntausene Christen der Kirche den Rücken kehren. Und seit Jahren diskutieren sie über die Gründe. Stefan Jürgens hat sie angesprochen. Einfach so.
Fotos: Frithjof Nowakewitz