Gewalttätige Familienstreitigkeiten haben ein Ende

Vieles von dem, was das Strafgesetzbuch hergibt, wurde am Mittwoch gegen einen 64-jährien Isselburger am Schöffengericht des Amtsgerichts Bocholt verhandelt. Es ging dabei um Raub, gefährliche Körperverletzung, Sachbeschädigung, Nötigung, Diebstahl und Beleidigung. Die Taten spielten sich überwiegend in 2021 und 2022 in einem Sieben-Familienhaus in Anholt ab, in dem neben dem Angeklagten auch dessen Mutter gemeinsam mit deren Lebensgefährten, sowie auch seine Schwester eine Wohnung hatten. Besitzerin des Hauses, dass mittlerweile verkauft ist, war die Mutter des Angeklagten.

In dem Haus kam es innerhalb der Familie immer wieder zu Streitigkeiten – meist fühlte sich der Angeklagte von seiner Mutter, deren Lebensgefährten (90) und seiner Schwester (67) persönlich angegriffen. Daraus resultierten verbale und körperliche Angriffe des Angeklagten. So soll der 64-Jährige der Staatsanwältin zufolge bei einem Streit seine Schwester mehrere Faustschläge in den Bauch verabreicht und sie so stark gewürgt haben, dass sie Todesangst verspürte. Erst durch das beherzte Eingreifen einer Mitbewohnerin habe der Angeklagte von seiner Schwester abgelassen. Auch der 90-jährige Lebensgefährte der Mutter hatte unter verbaler und körperlicher Gewalt durch den Angeklagten zu leiden. Dabei sind wohl auch Beleidigungen, wie „Nazi“, „Verbrecher“ und „Mörder“ gefallen

Ende Januar 2022 kam es im hinteren Bereich des Wohnhauses durch den Angeklagten zu einem tätlichen Angriff auf den 90-Jährigen. „Er hat mich zu Boden gerissen und sich dann mit seinem Knie auf meine Brust abgestützt und mir dabei die Hand auf den Mund gedrückt. Das war das zweite Mal in meinem Leben, dass ich Todesangst hatte“, erklärte der 90-jährige Mann, der bei der Tat wohl das Bewusstsein verlor. Attestiert ist auch, dass er, als er wieder aufwachte, bis auf die Oberbekleidung nichts mehr anhatte. „Ich war untenrum nackt“, erklärte der Geschädigte. Nach dem Transport ins Krankenhaus wurde dort festgestellt, dass der Mann sechs gebrochene Rippen und mehrere Hämatome davongetragen hatte. Beide, sowohl die Schwester des Angeklagten als auch der 90-jährige Lebensgefährte der Mutter, die mittlerweile in einen Seniorenheim lebt, haben noch heute körperliche Beschwerden, die aus den körperlichen Übergriffen resultieren.

Ein Fall von Nötigung spielte sich in der Tourist-Info in Anholt ab. Dort verlangte der Angeklagte von der dort tätigen städtischen Angestellten die Rücknahme einer von der Stadt durchgeführten Kontopfändung, die wohl auf die Nichtzahlung der Deichgebühren beruhte. Hierbei drohte er nicht nur der Angestellten, sondern auch dem Bürgermeister und dem Ordnungsamtsleiter Gewalt an, wenn „das Geld nicht sofort zurück überwiesen wird“. Nach diesem Vorfall wurde der Angeklagte in eine Stationäre Psychiatrie eingewiesen. Bei weiteren Delikten ging es um eine entwendete Luftpistole samt 500 Schuss Munition, die dem Lebensgefährten der Mutter gehörte, um eine defekte Brille und auch um ein entwendetes und bislang verschwundenes Handy, welches der Schwester gehörte.

Größtenteils gab der Angeklagte, der mittlerweile seit geraumer Zeit unter Betreuung steht, die ihm zur Last gelegten Taten zu. Der Gutachter prognostizierte ihm durch die medikamentöse und psychiatrische Behandlung eine gewissen Stabilität und Ausgeglichenheit. In seiner Prognose ging der Gutachter davon aus, dass es nicht wieder zu Straftaten kommen werde.

In ihrem Plädoyer forderte die Staatsanwältin eine Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monate für die Körperverletzungen. Aufgrund der Aussage des Gutachters, dass der Angeklagte nur eingeschränkt schuldfähig ist, wurde die Anklage wegen der übrigen Delikte eingestellt. Dem schloss sich im Wesentlichen der Anwalt des Angeklagten an. Das Urteil lautete ein Jahr und neun Monate, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Zum Urteil gehören verschiedene Auflagen, so muss der Angeklagte jeweils 1.500 Euro an die beiden Geschädigten zahlen, darf keinen Kontakt zu den Geschädigten aufnehmen, muss in regelmäßigen Abständen die Einnahme der ihm verordneten Medikament mit einem Bluttest nachweisen und bekommt einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt.