Die Voraussetzungen waren nicht die Besten, denn kurz, bevor Bernhard Barking gestern um 19 Uhr in das kleine Horn blies, um die volle Stunde zu vermelden, fing es an zu regnen. Der Grund der ganzen Aktion war die Abendwanderung mit dem Anholter Nachtwächter, der von Bernhard Barking dargestellt wurde.
Bis zum Jahr 1922 gab es in Anholt einen Nachtwächter, der während seiner Dienstzeit vielfältige Aufgaben zu bewältigen hatte. Neben dem Schutz der Bürger vor Räuber und Dieben, war der Nachtwächter auch eine Art Feuermelder. Alle Häuser wurden früher mit teilweise offenem Feuer beheizt. Brandschutzbestimmungen gab es keine. Durch Funkenflug oder Unachtsamkeiten konnte daher schnell ein Brand entstehen, der aufgrund der engen Bauweise ganze Häuserreihen vernichten konnte. Von daher war die Beobachtung bezüglich Rauch- oder Qualmentwicklung eine wichtige Aufgabe. Eine Feuerwehr gab es nicht. Per Gesetz waren alle Bürger verpflichtet, im Brandfall bei den Löscharbeiten zu helfen.
In beeindruckender Weise erklärte Bernhard Barking den knapp 40 Teilnehmern der Abendwanderung die heute abenteuerlich anmutende Lebensweise aus den vergangenen Jahrhunderten. Bekleidet mit einem Hut und einem Umhang, so wie ihn die Nachtwächter früher trugen, ausgestattet mit Laterne und Hellebarde, erklärte Barking den Leuten, wo welche Gebäude standen, welche Bewandtnis es mit ihnen hatte und welche Menschen dort in früheren Zeiten lebten. Das Leben vom Töpfermeister Wilm Rinck war ebenso ein Thema, wie die Geschichte um das Augustakrankenhaus und der St. Pankratius-Kirche. Barking zeigte den Besuchern, wo noch heute Teile der alten Stadtmauern zu sehen sind. Ein Bewohner am Eiermarkt, dessen Grundstück genau an der alten Stadtmauer endet, hat das Gemäuer wieder so hergerichtet, wie es früher einmal war.
Das Anholter Urgestein scheint ein schier unerschöpfliches historisches Wissen um die ehemalige Stadt Anholt und ihrer Bewohner zu haben. Dem fast 80-jährige Barking ist natürlich manches aus seiner eigenen Kinderzeit bekannt. So kennt er noch das alte Augusta-Krankenhaus, dass auf dem freien Platz zwischen Markt und Kirche stand. Den Töpfer Wilm Rinck und viele andere Anholter Persönlichkeiten hat er persönlich gekannt. Wer sonst also, als Bernhard Barking, kann Begebenheiten aus dem alten Anholt in einer lebendigen Art und Weise erklären. Das ihn, trotz des ständigen Regens, fast vierzig Leute auf seiner abendlichen Runde durch Anholt begleiteten, ist ein Beleg dafür. Und die Teilnehmer kamen nicht nur aus Anholt. Auch Bewohner aus den anderen Stadtteilen, sowie aus Emmerich nahmen an der Exkursion teil. Das Ende der Veranstaltung fand dann im Trockenen statt. Im Heimathaus gibt es ein Modell der alten Stadt Anholt, an dem Barking anschaulich noch die eine oder andere historische Begebenheit erklärte. Abschließend saßen viele Teilnehmer noch in der alten Schlachterei zusammen, um bei einem Bier über längst vergangene Zeiten zu reden.
Wer nun selbst an einer Abendwanderung mit dem Anholter Nachtwächter teilnehmen möchte, der kann sich beim Anholter Heimatverein telefonisch unter 02874-901268 oder per Mail an krausgr@t-online.de anmelden.