Erst Gewürge, dann Einstimmigkeit

Vor 2016 wird es kein neues Feuerwehrhaus geben, wo immer es auch stehen mag. Zumindest nicht in der finanziellen Situation, in der die Stadt aufgrund klammer Kassen gerade steckt. An dieser Aussage wird sich auch nach der heutigen Sitzung des Planungs- und Vergabeausschuss nichts änder. Doch nun gibt es eine neue Situation. Die im Mai eingesetzte Arbeitsgruppe, die die für eine abschließende Entscheidung über den endgültigen Standort notwendigen Fakten erarbeiten sollte, hat ihre Arbeit beendet. Für diese Arbeit erhielt sie aus allen Faktionen uneingeschränktes Lob. Lange Rede, kurzer Sinn, der Ausschuss entschloss sich einstimmig dafür, das Bauleitverfahren für den Standort Reeser Straße fortzuführen.

So einfach, wie es sich anhört, war es freilich nicht. Denn, wenn auch alle Fraktionen der Arbeitsgruppe eine hervorragende Arbeit bescheinigten, so wollte die SPD den Ausführungen der Arbeitsgruppe nicht uneingeschränkt folgen. Felix Kleideiter plädierte dafür, weitere Vergleichszahlen einzuholen, um die beiden Grundstücke Reeser Straße und Stromberg noch besser vergleichen zu können. Außerdem war er angesichts leerer Kassen dagegen, schon jetzt mit der Planung zu beginnen. Auch Hermann Gebbing (FDP) war dieser Ansicht. Gebbing, der vorher immer für den Standort „Stromberg“ war, erklärte, aufgrund der von der AG erarbeitenen Fakten seine Meinung in diesem Punkt geändert zu haben. Er merkte aber an, dass bis zum Jahr 2016 oder 2017 ein anderer Rat das Sagen hätte und man jetzt etwas beschließen könnte, was dann von neuen politischen Gremien aufgrund neuer Erkenntnisse wieder in Frage gestellt werden könnte. Das waren eine Menge Wenns, Vielleicht und Könnte. Für Uwe Übelacker (Grüne), Bernhard Bonnes und Peter Wißmann (beide CDU) einige zuviel. Übelacker verlangte ein sofortiges Ende der Diskussion und die Fortführung der Bauleitplanung. „Wir müssen der Feuerwehr jetzt ein Signal geben, dass sie die Infrastruktur bekommt, die sie für ihre Arbeit benötigt“.

Peter Wißmann machte deutlich, dass die Feuerwehr an die Hilfsfristen gesetzlich gebunden sei und diese eben nur von der Reeser Straße einzuhalten sind. „Ich möchte nicht derjenige sein, der nach einem Unfall in seinem brennenden Auto eingeklemmt ist und dabei weiß, dass es eine knappe Minute länger dauert, bis die Feuerwehr kommt“. Und dies könne man, so Wißmann,  auch dem Bürger nicht guten Gewissens erklären. Bernhard Bonnes schlug in die gleiche Kerbe und verlangte abschließend eine namentliche Abstimmung. Bevor es dazu kam, beantragte die SPD eine Sitzungsunterbrechung.

Nach der kurzen Pause erklärte die SPD in Person vom Ausschussvorsitzenden Dr. Theo Beine eine Änderung ihrer Meinung. Bernhard Bonnes zog daraufhin den Antrag der namentlichen Abstimmung zurück. Die Ausschussmitglieder stimmten dann geschlossen für die Fortführung des Standortes Reeser Straße. Die als Zuhörer anwesenden Feuerwehrleute nahmen den Beschluss mit einem Lächeln auf.

Kommentar

Was lange währt, wird endlich gut. Dies könnte man nach dem heutigen Beschluss des Planungs- und Vergabeausschuss sagen. Ist das wirklich so? Der Ausschuss kann nichts beschließen, sondern dem Rat als nächste politische Instanz nur eine Empfehlung geben. Das, was heute als einstimmiger Beschluss dem Rat vorgelegt wird, ist nur die Weiterleitung an die zu beschließende Instanz. Wie die dann entscheidet, ist vollkommen offen. Und es wäre nicht das erste Mal, dass der Rat der Empfehlung eines Ausschusses nicht folgt. Insofern hat die Feuerwehr noch nicht wirklich etwas gewonnen.

Nachdenkenswert ist sicher das Verhalten der SPD. Sie würdigt die Arbeit der Arbeitsgruppe, in der sie selbst, wie die anderen Fraktionen auch, vertreten war. Anschließend stellt sie das Ergebnis nicht in Frage, betont aber, weitere Zahlen zur endgültigen Bewertung über den zukünftigen Standort des Feuerwehrgerätes zu benötigen. Wäre es nicht angebracht gewesen, dies innerhalb der Arbeitsgruppe einzufordern. Dies jetzt im Ausschuss zu tun, hinterlässt den Eindruck, nicht wirklich mit dem Ergebnis der Arbeit der AG zufrieden zu sein, weil es nicht das Ergebnis ist, was man selbst gern gehabt hätte.

Die plötzliche Meinungsänderung der SPD nach der Sitzungsunterbrechung lässt Raum für Spekulationen. War der Gegenwind aus den anderen Fraktionen zu stark? Konnte man den anwesenden Feuerwehrleuten ein weiteres Nein nicht mehr erklären? Oder war die Forderung nach der namentlichen Abstimmung der Auslöser für die Meinungsänderung? Wer hätte sich dann schon mit der Aussage, ähnlich wie in einer Werbung für Babynahrung, hinstellen wollen: „Hierfür steh ich mit meinem Namen“

Frithjof Nowakewitz